Wer nix weiß...
In der Uni-Bibliothek sehe ich immer wieder ein Zitat an der Wand. In leuchtend roten Buchstaben. „Wer nichts weiß, muss alles glauben. – Marie von Ebner-Eschenbach.“ Wer auch immer diese Marie war – sie hat ausgesprochen, was viele Menschen denken. Der Glaube ist nur eine armselige Krücke für den, der nicht so viel weiß. Also: Lies viele Bücher, bilde dich weiter, werde intelligent, dann brauchst du keinen Glauben. Der Gläubige ist der Dümmliche. Und oft lasse ich mich davon einschüchtern. Vielleicht geht’s dir manchmal wie mir: Vor den Lehrern und Professoren, die so viel wissen – da will man nicht so gerne seinen Glauben bezeugen. Da ist man lieber still. Die wissen ja viel mehr als ich. Und Wissen ist sicher. Glaube ist nur ein unsicheres Vermuten.
Aber ist das wirklich so? Stell dir vor, ich lasse mich jetzt in der Bibliothek einschließen. Angespornt von diesem roten Zitat häufe ich mir jetzt viiiiiel Wissen an. Ich lese die 3 Millionen Bücher und Zeitschriften, die dort die Regale schmücken. Danach komme ich als Superhirn wieder raus. Jetzt weiß ich mega viel. Aber Moment. Wie sicher ist das, was ich weiß? Ich musste mich beim Lesen und Lernen auf die Autoren verlassen. Ich muss glauben, dass es wirklich stimmt, was in den Fachbüchern und Schulbüchern drinsteht. Das meiste kann ich nicht selber nachprüfen. Und es ist wirklich so: Fast alles, was wir wissen, haben wir von Menschen gelernt. Von fehlerhaften, unperfekten Menschen. Die es oft auch nur irgendwo gehört oder gelesen haben. Also, liebe Marie von Ebner-Eschenbach: Wer viel weiß, der glaubt ganz viel.
Den Glauben an Gott erlebe ich anders, als Marie es mir weißmachen will. Nicht wie ein Vermuten. Sondern wie ein Vertrauen. Und dem, was Jesus gesagt hat, vertraue ich gerne. Weil ich mich dabei nicht auf unperfekte Menschen verlasse, sondern auf einen perfekten Gott. Das macht mich zuversichtlich. Und etwas gechillter vor den klugen Lehrern und Professoren.